Unser Kino in Kochel

Die Kochler SPD als Geburtshelfer des Kochler Kinovereins.

Unser Kino in Kochel

In der Heimatbühne war es sogar in Kochel in den 1930er Jahren üblich, im Saal dieses Bürgerhauses Nachrichten mit laufenden Bildern zu Gesicht zu bekommen. Auch hier lief die Propaganda der „Hitlermaschinerie“ mit Meldungen des NS-Staates. Mit diesem ideologischen Missbrauch war es 1945 zum Glück vorbei. Der Filmbetrieb lief weiter bis zum Einbruch der Gästezahlen durch die faszinierende Konkurrenz durch die Fernsehgeräte. Das Kino wurde vom großen Saal in den ersten Stock verlegt und mit viel Liebe und Engagement von Zeno und (seiner Frau) Öttl aus Urfeld weitergeführt. Irgendwann mussten auch sie wie vielerorts den Kinobetrieb einstellen, weil ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich war.

Mitte der 90er Jahre liefen auch in Deutschland wieder gute Programmfilme in den Kinos an. Nur leider konnte sie bei uns keine/r sehen. Es gab am Ort wie in vielen Kommunen üblich, Angebote von Sport-, Trachten-, Fischerei-, Theater- und Musikvereinen. In den elf Kochler Ortsteilen vielleicht mehr, als anderswo. Was aber fehlte war die Möglichkeit zum Ausgehen, wo es nicht Usus ist, Speisen oder Getränke einzunehmen, sondern abends ein kulturelles Angebot wahrzunehmen.

Im Vorjahr der Kommunalwahl 1998 sammelte der SPD-Ortsverein Themen und sprach Leute an, die sich dafür einsetzen würden. Darunter bemängelten Einige, dass es kein Kino mehr gibt und sie erinnerten an den früheren Betrieb in der Heimatbühne. Die Idee war zündend! Eine Gruppe schloss sich zusammen, darunter auch der Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel, und diskutierte, dass ein solches Projekt nur mit einem Verein eine realistische Chance hat. Kurzerhand wurden Treffen mit Herrn Öttl organisiert, durch die OV-Vorsitzende ein erster Kontakt mit dem Kinobetreiber Thilo Pongratz hergestellt und so was wie ein „Schnellkurs“ absolviert, wie der Filmbetrieb funktioniert.

Parallel wurde die Vereinsgründung anberaumt und der damalige Bürgermeister Werner Englert kontaktiert. Er ist zwar bei der CSU, aber quasi ein „Kümmerer“ und zeigte uns die alten, noch vorhandenen Vorführgeräte. Unsere Idee entwickelte sich zum Ortsgespräch, freilich mit den üblichen Todschlagargumenten „Du spinnst, ein neues Vorführgerät kostet 100.000 Mark“, „des werd nix, des is ois a rode Soß!“ und auch die Konkurrenz warf ein misstrauisches Auge auf uns. So kam es, dass zur Gründungsversammlung des KiK (Kino in Kochel) knapp 50 Interessierte erschienen sind und 42 Anwesende ihren Beitritt erklärten.

Der erste Vorstand mit Bruni Doppler, Uta Brandt, Astrid Habeck-Schindler und Angelica Dullinger wurde gewählt, der Verein als gemeinnützig anerkannt. Ein Kochler meinte, „das sind ja lauter Frauen!“ und das wurde auch bei der Planung deutlich: der Eintritt sollte erschwinglich sein, der Beginn erst abends ab halb-neun Uhr, damit die Kinder vorher versorgt werden können. Wir waren uns einig, dass keine Werbung gezeigt wird. Wir wollten die Vorführungen ehrenamtlich stemmen und der gewerbliche Teil sollte über einen kommerziellen Betreiber laufen. Gesagt, getan – dank vieler Unterstützer/innen. Das war für einige Aktive des Vereins Knochenarbeit, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Maxime „jedes Jahr Kinobetrieb ist ein gewonnenes Jahr“ hat der Verein längst erfüllt. Inzwischen haben die Vorstände gewechselt und die Betreiber. Seit Jahren unterstützen Claudia und Markus Wenzl vom Kino Penzberg den unternehmerischen Betrieb. Seit Beginn stellt die Gemeinde Kochel den Raum im ersten Stock zur Verfügung. Damit im Ernstfall keine/r auf die wacklige Feuerleiter muss (Strick mit Holzpanelen), wurde eine Außentreppe gebaut. Im Innenraum haben die Vereinsmitglieder in Eigenarbeit und aus Erlösen vom Freiluftkino inzwischen ein modernes Kino-Ambiente geschaffen. Aktive Mitglieder zeigen und finanzieren Kurzfilme, die wir schon als Kinder so gern gesehen haben! Die Gäste reisen seit Jahren sogar von München an - Einheimische und Touristen haben bis auf Donnerstag im KiK einen Ort, der sich Heimat nennen darf, an dem Albträume nur vorbeiziehen und bestenfalls Träume wahr werden.

-A.Dullinger - / -schue- 2011