In einer Chronik über den SPD-Ortsverein Kochel darf natürlich die einstige Parteischule der Bayern-SPD nicht fehlen, die sich hier in Schloss Aspenstein auf einem Hügel über dem Kochelsee befindet.
Die Georg-von-Vollmar-Akademie (und ihre Verbindungen zum OV Kochel)
In einer Chronik über den SPD-Ortsverein Kochel darf natürlich die einstige Parteischule der Bayern-SPD nicht fehlen, die sich hier in Schloss Aspenstein auf einem Hügel über dem Kochelsee befindet.
1948, als Deutschland nach nationalsozialistischer Terrorherrschaft und Zweitem Weltkrieg in Schutt und Asche lag, gründete Waldemar von Knoeringen, damaliger Vorsitzender der BayernSPD hier eine „Schule der Demokratie“, da er wusste, dass eine stabile Demokratie nur durch politische Bildung geschaffen werden könne. Benannt wurde die Schule nach Georg von Vollmar, Gründungsmitglied und erstem Vorsitzenden (1892-1918) der Bayern-SPD.
Wie kam es dazu, dass am Rande Bayerns, jenseits größerer Städte eine Parteischule gegründet wurde? Das Schlösschen, im 17. Jahrhundert vom Kloster Benediktbeuern erbaut und seit der Säkularisation im Besitz diverser vermögender Privatbesitzer, gehörte von 1936 bis 1945 Baldur von Schirach, dem Reichjugendführer und Gauleiter von Wien. Dieser wurde bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen verurteilt und sein Besitz der amerikanischen Militärregierung und später dem Freistaat Bayern übergeben, der hier ein Flüchtlingsheim einrichtete. Unter diesen Flüchtlingen befanden sich auch aus dem Exil heimgekehrte SPD-Mitglieder, die Kontakt zu Waldemar von Knoeringen hatten und ihm diesen Ort für die Gründung einer Parteischule vorschlugen. Die Bayern-SPD fasste am 30.01.1948 den Beschluss, Schloss Aspenstein für fünf Jahre zu pachten und eine Parteischule unter Leitung Waldemar von Knoeringens zu gründen. Dies geschah ohne staatliche Unterstützung in völliger Eigenleistung engagierter Parteimitglieder, die das verwahrloste Schlösschen quasi aus dem Nichts wieder aufbauten.
Um die Finanzierung der Bildungsarbeit sicher zu stellen, beschloss der Landesparteitag 1949, Bildungsfondmarken - das sog.“Kochel-Zehnerl“- einzuführen. Jedes Parteimitglied zahlte zusätzlich zum Mitgliedsbeitrag freiwillig zehn Pfennig monatlich.
1950 wurde der Verein „Georg-von-Vollmar-Schule e.V.“ gegründet, der wenig später das Gelände mit Mitteln, die die SPD als Wiedergutmachung für die Enteignungen 1933 bekam, käuflich erwerben konnte.
1966 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass öffentliche Mittel für politische Bildungsarbeit nicht mehr unmittelbar den politischen Parteien zuzuwenden seien. Der bisher praktizierte Weg der Finanzierung der Vollmar-Schule durch die BayernSPD war somit nicht mehr möglich. Die Friedrich-Ebert-Stiftung erklärte sich bereit, die Bildungsarbeit zu finanzieren. Die Parteischule wurde nun zu einer Akademie für politische Bildung, den Prinzipien der sozialen Demokratie nahe stehend, aber für jeden offen.
Von der Finanzierung der Vollmar-Akademie durch öffentliche Mittel darf die SPD nicht unterstützt werden, weswegen die Zusammenarbeit mit dem Ortsverein Kochel nicht so eng ist, wie Außenstehende vielleicht annehmen. Will der Ortsverein eine Veranstaltung in den Räumen der Akademie durchführen, fällt für ihn die gleiche Miete an, wie für andere Gruppen.
Selbstverständlich haben aber die Mitglieder der Kocheler SPD in all den Jahren häufig die Möglichkeit nutzen können, prominente Politiker zu treffen und politisch interessante Veranstaltungen direkt in ihrem Ort besuchen zu können. Auch waren immer wieder Mitarbeiter/innen der Vollmar-Akademie im Ortsverein aktiv.
2013, in dem Jahr, in dem die SPD ihr 150jähriges Bestehen feiert, feiert auch die Vollmar-Akademie ihr 65jähriges Jubiläum. Mit weit über hundert Seminaren und ca. 3000 Gästen jährlich macht sie Kochel zu einem wichtigen Ort auf der Landkarte der politischen Bildung in Deutschland.
-twi-2013